Als ich früher Deutschland als Touristin besuchte, sah ich gemütliche Fachwerkhäuser, trank deutsches Bier, bewunderte die perfekten Landschaften und hörte überall die deutsche Sprache, die ich damals überhaupt nicht verstand - für mich war sie nur weißes Rauschen. Ich kannte nur ein paar Worte. Das legendäre Oktoberfest, ernste, aber lächelnde Menschen, makellos bewirtschaftete Felder, die man sogar aus dem Flugzeug sieht - all das hinterließ bei mir den Eindruck eines präzisen, geordneten, starken Landes.
Ich wurde in Kiew geboren und habe mein ganzes Leben dort gelebt. Auch meine Kinder wurden dort geboren. Meine Eltern sind ebenfalls in Kiew geboren und leben bis heute dort. Mein Großvater wurde in Kiew geboren. In Kiew befinden sich die Gräber meiner Großeltern und Urgroßeltern. Bis zu meinem 42. Lebensjahr habe ich nur zu Hause, in Kiew, gelebt. Ich wollte nie und konnte mir nie vorstellen, in einer anderen Stadt oder einem anderen Land zu leben.

Aber im März 2022 kam ich nach Deutschland - nicht als Touristin, sondern als Mensch, der gezwungen war, sein Land wegen des Krieges zu verlassen. Als der erste Schock nachließ und wir unseren Alltag ein wenig ordnen konnten, begann ich, ein anderes Gesicht dieses Landes zu erkennen.

Im Gespräch mit ihnen habe ich zum ersten Mal wirklich gespürt, dass meine tiefe Bindung an eine einzige Stadt - mein Zuhause - nicht für alle Menschen selbstverständlich ist. Viele Menschen haben keine so tiefen Wurzeln oder ein so klares Gefühl von einem einzigen Ort, den sie als ihr Zuhause bezeichnen. Und das ist weder gut noch schlecht - es ist einfach anders.

Das weckte in mir eine große Neugier: Wer sind diese Menschen? Was hat sie dazu gebracht, ihr Zuhause zu verlassen? Was gibt ihnen die Kraft, von vorne zu beginnen? Was macht sie glücklich? Wonach sehnen sie sich? Welche Werte tragen sie in sich?

So entstand mein Fotoprojekt „Gesichter Deutschlands“.

Darin fotografiere ich Menschen, die aus verschiedenen Teilen der Welt nach Deutschland gekommen sind, und stelle ihnen dieselben Fragen.

Ich suche keine Sensationen. Ich möchte einfach verstehen. Zuhören. Die echten Gesichter Deutschlands sehen - durch die Geschichten derer, die heute hier leben.

Eine Teilnehmerin des Projekts sagte mir:

„Dieses Projekt scheint mir ein Symbol für die Begegnung, das Zusammenwachsen und die Freundschaft zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern zu sein, die aus unterschiedlichen Gründen hierhergekommen sind.
Wie der bedeutende Dichter Yunus Emre aus unserer Kultur sagt: ‘Wir lieben die Geschöpfe um des Schöpfers willen.’
Das bedeutet, dass wir alles, was Gott erschaffen hat, um Seinetwillen lieben - ohne zwischen Kulturen oder Nationalitäten zu unterscheiden.
Ihr Projekt spiegelt genau diese Liebe und Toleranz wider, da es Menschen unabhängig von Sprache, Religion oder Herkunft einschließt.
Dafür möchte ich Ihnen meine Anerkennung aussprechen und herzlich gratulieren.“
Aslihan
1. Wie heißt du?*
Aslihan
2. Wie alt bist du?*
49
3. Aus welchem Land kommst du?*
Turkei
4. Wie lange lebst du schon in Deutschland?*
Ich lebe seit vier einhalb Jahren in Deutschland.
5. Welche Ausbildung oder welches Studium hast du in deinem Heimatland abgeschlossen (Schule, Berufsausbildung, Universität)?*
Ich habe ein Studium im Bereich Sozialwissenschaften abgeschlossen. Aber ich interessiere mich für alternative Medizin.
6. Hast du in Deutschland weitergelernt? Wenn ja – wo und in welchem Bereich?*
Nein, bisher nicht. Aber ich denke darüber nach.
7. Was hast du in deinem Heimatland beruflich gemacht?*
Ich war verheiratet und mein Mann hat gearbeitet. Ich habe zu Hause an meinen Hobbys gearbeitet.
8. Was machst du heute beruflich in Deutschland?*
Zurzeit lerne ich Deutsch. Ich muss die Sprache gut beherrschen, um meinen Beruf ausüben zu können.
9.  Was war für dich das Schwierigste beim Umzug und bei der Eingewöhnung?
Die größte Schwierigkeit war, die Sprache nicht vollständig zu beherrschen. Abgesehen davon mag ich die Menschen hier sehr und hatte keine Probleme, mich einzugewöhnen.
10.  Was hat dir geholfen, weiterzumachen und deinen Weg zu gehen?
Mir hat geholfen, dass meine Familie, also meine Kinder, bei mir sind.
11.  Was ist momentan das größte Hindernis für deine Zukunft?
Dass ich die deutsche Sprache noch nicht vollständig beherrsche.Ich sehe kein weiteres Hindernis.
12.  Was macht dich glücklich?
Es macht mich glücklich, Deutsch wie meine Muttersprache sprechen, Menschen helfen und meinen Beruf ausüben zu können."
13.  Wofür bist du in Deutschland dankbar?
In Deutschland gibt es viele Stellen, die uns während der Eingewöhnungsphase in allen Bereichen unterstützen und uns für eine gewisse Zeit finanzielle Möglichkeiten bieten. Dafür danke ich dem Deutschen Staat."
14.   Möchtest du noch etwas Persönliches mitteilen oder Gedanken mit dem Projekt teilen?
Dieses Projekt scheint mir ein Symbol für die Begegnung, das Zusammenwachsen und die Freundschaft zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern zu sein, die aus unterschiedlichen Gründen hierhergekommen sind. Wie der bedeutende Dichter Yunus Emre aus unserer Kultur sagt: „Wir lieben die Geschöpfe um des Schöpfers willen." Das bedeutet, dass wir alles, was Gott erschaffen hat, um Seinetwillen lieben - ohne zwischen Kulturen oder Nationalitäten zu unterscheiden. Ihr Projekt spiegelt genau diese Liebe und Toleranz wider, da es Menschen unabhängig von Sprache, Religion oder Herkunft einschließt. Dafür möchte ich Ihnen meine Anerkennung aussprechen und herzlich gratulieren.🙏🌸
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Tilda